Bericht einer Ärztin, 4.8.2015

Ich bin Ärztin und schon relativ viel in der Welt herumgekommen, unter anderem auch in den sogenannten 3.-Welt-Ländern. Dementsprechend war für mich die Situation, Menschen in Not ohne basale medizinische Versorgung zu erleben, nicht unbedingt was neues.

Das was mich schockierte ist, daß sich dies 40 min von Wien entfernt abspielt! 

Nachdem ich hörte, daß nicht nur Kleidung oder Hygieneartikel gesucht werden, sondern auch davon berichtet wurde, daß ein Bedarf an Schmerzmittel, Desinfektion, Wundsalben etc. besteht, entschied ich mich, diese Sachen zu organisieren und vor Ort zu bringen.

Ich stellte mich mit meinen Medikamenten vor dem Flüchtlingslager hin und innerhalb von wenigen Minuten, war ich von mindestens 40 Menschen umkreist, die alle versuchten mir auf alle möglichen Arten zu verstehen zu geben, welche Beschwerden sie hätten.

Da ging es einerseits um banale Kopfschmerzen, Husten, Halsschmerzen, Zahnschmerzen, Durchfälle und verschiedenste Ausschläge, Beschwerden also, die recht leicht mit ein paar Schmerzmitteln, Nasentropfen, Tees, Hustensäfte auch einfach auf der Straße vor Traiskirchen versorgt werden können.

Da ging es aber auch um Kriegsverletzungen, offene Wunden, Gehörlosigkeit, Diabetes, komplexe gynäkologische Probleme, also Erkrankungen, die einer genaueren Abklärung und Kontrollen bedürfen . Diese Patienten mußte ich unverrichteter Dinge wieder ins Lager schicken, denn ohne eine entsprechende Infrastruktur (Labor, Untersuchungszimmer, …) wäre es fahrlässig, irgendeine medizinische Handlung zu setzen.

Nun bin ich sicher, daß die ärztliche Dienstmannschaft im Flüchtlingsheim ihr Bestes gibt, aber eine suffiziente Versorgung von knapp 4000 Menschen ist für ein bis zwei Mediziner nicht machbar.
Und auch meine Besuche mit Medikamenten sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein!

Es wäre die verdammte Pflicht der Regierung, die Grundversorgung der Flüchtlinge und damit meine ich nicht nur Kleidung, Essen, … (wird eh schon größtenteils von der Zivilbevölkerung übernommen) sondern auch die medizinische und psychologische Versorgung zu gewährleisten bzw. Strukturen zu organisieren, damit freiwilliges medizinisches und psychologisches Fachpersonal vor Ort professionell helfen können.

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